Sara Akhavan erinnert sich an diesen Moment, als wäre es gestern gewesen. Es war 1998 und sie war gerade 18 Jahre alt. Während eines Besuches bei ihrer muslimischen Familie im Iran teilte ihre Tante, die im Vereinigten Königreich lebte, ihnen mit, dass sie seit Jahren Christin sei. „Das schlug ein wie eine Bombe! Die ganze Familie lehnte sie ab. Wir wollten nicht, dass sie so über Jesus spricht. Das ist Muslimen verboten. Und wir sagten ihr: ›Du bist unrein.‹ Aber sie blieb standhaft und sagte zu meiner Mutter: ›Eines Tages wirst du meinen Gott, Jesus, suchen.‹» Und ihre Vorhersage hat sich erfüllt. Die ganze Familie wurde Christ.
Sara Akhavan ist zweifellos von Jesus begeistert. Cath.ch sprach mit ihr am 26. Februar 2025 in Genf anlässlich der Weltkonferenz JC2033. „Sie ist eine Löwin“, versicherte Pfarrer Olivier Fleury, Gründer von JC2023.
Mit ihrem langen,offenen schwarzen Haar, bezeugt diese 42-jährige Iranerin seit mehreren Jahren furchtlos und mit unbedecktem Gesicht Jesus in Europa und Lateinamerika. Mit ihrer kraftvollen Stimme spricht sie bei großen evangelikalen Veranstaltungen über ihren Glauben, aber auch vor britischen und europäischen Parlamentariern über die schwierige Situation der Christen in ihrem Land. Das Zeugnis, das sie an diesem Tag gab, deckt sich perfekt mit den offiziellen Angaben über die Schikanen, denen Konvertiten im Iran ausgesetzt sind (siehe unten).
Bericht über eine Bekehrungskette
„Ein Jahr nach dem Besuch meiner Tante reiste ich nach Deutschland zu einem Onkel und seiner Frau, ohne zu wissen, dass diese von meiner Tante vom Christentum überzeugt worden waren. Es gab keinen Koran im Haus und mein Onkel verrichtete keine Gebete. Das beunruhigte mich.“
Das Mädchen fragte daraufhin ihre Verwandten mit klopfendem Herzen und erzählt:. „Von dem Tag unserer Geburt an wird uns als Muslimen der Koran in unsere Ohren gesungen, damit wir damit aufwachsen. Ich hatte Angst, dass Gott mich bestrafen würde, während mein Onkel von Jesus sprach.“ Doch nur eine Stunde später erklärte sie, dass auch sie ihr Herz dem Herrn geben wolle. „Wir riefen meine Tante in England an. Sie war nicht überrascht. Sie hatte 15 Jahre lang in diesem Sinne für meine Familie gebetet. Ihr Gebet hat mein Schicksal vorbereitet.”
Zurück im Iran, kaum mit dem Fuß auf dem Asphalt, erzählte Sara ihrer Schwester Lily fieberhaft von ihrer Erfahrung. „Ich spürte in meinem Herzen den Frieden Gottes. Ich hatte Gold in meinen Händen und hörte den Ruf des Herrn, der mich auf eine Mission schickte. Ich wusste nicht, wie ich das anstellen sollte, ich hatte keine Ausbildung. Ich sagte zu meiner Mutter: “Mama, ich bin Christin. Jesus ist der Sohn Gottes, der König der Könige.” Ich wollte das mit allen teilen.
Sara legte die Bekehrung ihrer Familie in die Hände des Herrn. Sechs Monate später, als ihre Mutter in ihrem Zimmer das namaz ein islamisches Gebet auf Persisch, verrichtete, hörte sie eine Stimme, die sie „mit ihrem ganzen Herzen spürte und die in ihrem Kopf brannte“, die ihr sagte: „Ich bin der Wahre, ich bin der Weg. Glaube an mich.“ Durch die Schreie ihrer Mutter alarmiert, erkannte Sara einen Satz, den sie über Jesus gehört hatte. Ihre Eltern bekehrten sich fast augenblicklich, dann, einige Monate später, ihre Schwester und ihr Bruder.
JC2033
Die weltweite Versammlung JC2033 (Jesus Celebration 2033) brachte vom 26. Februar bis 2. März in Genf etwa hundert Teilnehmer aus dreißig Ländern zusammen, darunter Reformierte, Evangelikale, Orthodoxe und Katholiken. Zu den Rednern gehörte Jerry Pillay, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen: „Eine zerbrochene und leidende Welt braucht die Einheit der Christen“, sagte er.
So kehrten die Frage nach der Einheit der Christen und das 2000-jährige Jubiläum der Auferstehung Christi, die eigentliche Ursache für die Gründung von JC2033, wie Mantras wieder. Diese Organisation ermutigt die Kirchen der Welt, „den Tod und die Auferstehung Jesu Christi mit dem Höhepunkt Ostern 2033“ gemeinsam vorzubereiten und zu feiern. Die Hoffnung ist, dass Ostern in diesem Jahr von allen Christen am selben Tag gefeiert werden kann, so wie es am 20. April 2025 anlässlich des 1500. Jahrestages des Konzils von Nicäa der Fall sein wird. LB
Eine Untergrundkirche im Iran
Die Familie lebte ihren neuen Glauben zunächst in Ruhe, bis ihre Tante aus England ihnen 2005 einen jungen iranischen Christen schickte, der ihnen helfen sollte, in ihrem Glauben zu wachsen. Er blieb ein Jahr bei ihnen. Mit ihm begann Sara, das Konzept der Kirche zu verstehen und erkannte, dass sie ihrerseits andere Iraner evangelisieren kann. Sie ging nach Istanbul in die Türkei, um sich an einer Schule weiterzubilden, die von der Bewegung Elam Ministries geleitet wird, einer iranisch-christlichen Gruppe mit Sitz in Großbritannien, die missionarische Aktivitäten im Iran und in den Nachbarländern durchführt.
Zum ersten Mal konnte die junge Iranerin eine Kirche besuchen, „um aus vollem Hals zu singen“. „In Europa findet man in den Buchhandlungen viele wunderschöne Bibeln. Die Christen sind frei, aber sie verkünden ihren Glauben nicht laut! Und ich sagte mir, wie sehr ich mir wünschte, ich könnte mich im Iran frei bewegen, um anderen die Gute Nachricht zu verkünden“, fuhr sie fort.
„In Europa findet man in den Buchhandlungen wunderschöne Bibeln. Die Christen sind frei, aber sie verkünden ihren Glauben nicht lautstark!“
„Während einer Gebetsnacht wies mich der Herr auf die Stadt Isfahan hin. Ich bin in den Iran zurückgekehrt und habe dort die Eröffnung von sieben Hauskirchen ermöglicht.” [Diese Hauskirchen entstehen in Ländern, in denen es nicht erlaubt ist, Christ zu sein, nach dem Vorbild der frühen Christenheit. Sehr kleine Gemeinschaften versammeln sich in Privathäusern, um zu beten oder das Wort zu teilen: Anm. d. Red.]
37 Tage im Evin-Gefängnis, davon 23 in Einzelhaft
Aber am 26. Dezember 2010 verhaftete die iranische Sicherheitspolizei, wie es Gewohnheit ist (siehe unten), 72 Pastoren und Leiter christlicher Kirchen in verschiedenen Städten des Landes. Darunter waren auch Sara und Lily, 27 bzw. 28 Jahre alt. Sara verbrachte 37 Tage im Evin-Gefängnis in Teheran, das als eines der härtesten des Landes gilt, davon 23 in Einzelhaft.
„Sie verhörten mich sieben Stunden lang auf dem Revier, um Namen anderer Hauskirchenleiter zu erfahren, und drohten mir mit Gefängnis, 'bis meine Haare so weiß sind wie meine Zähne'. Ich sagte ihnen, dass ich bereit sei. Ich hatte Angst, aber ich war jung und leidenschaftlich.“
Als sie in Einzelhaft kam, überkam sie eine tiefe Niedergeschlagenheit. Als sie nicht mehr essen oder trinken konnte, hörte sie Jesus zu ihr sagen: „Sieh dich an, du tust so, als wäre ich tot!“ Sofort stand sie auf und sang auf Farsi: „Im Namen Jesu ist unser Sieg“, berichtete sie.
Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis verließ Sara, die weiterhin die Iraner evangelisieren wollte, das Land in Richtung Türkei, ging dann nach Argentinien und schließlich Spanien. Lily blieb im Iran, wo sie nichts zu befürchten hatte, solange sie nicht versuchte, Muslime zu bekehren, und sich damit begnügte, ihren Glauben privat zu leben. „Es ist nicht so, dass sie dort nichts tut“, bezeugte ihre Schwester. „Sie betet viel, dass dieses Land Jesus gehört.“
Mutige Gläubige
Die zum Christentum konvertierten Iraner sind stark in ihrem Glauben, versichert Sara Akhavan. Vor einigen Monaten habe die Polizei einen Mann verhaftet, erzählt sie. Seine Frau hatte seit einigen Wochen nichts von ihm gehört. Als sie ihn endlich telefonisch erreichen konnte, bat er sie, seinen Brüdern zu sagen, sie sollten nicht für seine Freilassung beten; er war der Meinung, dass zu viele Gefangene die Gute Nachricht bräuchten.
„Ich habe auch die Stärke meiner Mutter in der Nacht gesehen, als fünf wütende Polizisten kamen, um meine Schwester und mich zu verhaften. Meine Mutter hatte einen langen Mantel angezogen, der ihren ganzen Körper bedeckte, wie es die islamischen Vorschriften vorschreiben. Sie durchsuchten alles und baten Lily, ihnen zu folgen. Meine Schwester bat darum, sich von meinen Eltern verabschieden zu dürfen. Sie ging auf meine Mutter zu, die die ganze Zeit still gesessen hatte, und ich hörte, wie sie sagte: ›Mama, ich habe solche Angst.‹ Meine Mutter blieb ruhig und küsste sie nicht. Ich hatte Mitleid mit meiner Schwester.
Auch in der Nacht, als fünf wütende Polizisten kamen, um meine Schwester und mich zu verhaften, sah ich, wie stark meine Mutter war.
Doch plötzlich stand ihre Mutter auf und sprach zu den Männern, berichtet Sara. „Seit zwei Stunden seid ihr in meinem Haus und durchsucht alles um uns herum, während wir schweigen. Ihr greift uns wegen unseres Glaubens an. Meine Stirn ist hoch, weil ich vor Jesus stehe. Nehmt meine Tochter. Wir gehen für unseren Glauben und für Christus ins Gefängnis.“ Dann sagte sie zu Lily: „Hab keine Angst, denn ich werde bei dir sein. Die Polizisten wurden still. Sie nahmen meine Schwester und schlossen die Tür.“
Die Mutter zog daraufhin ihre Jacke aus. Unter ihren Armen hatte sie Bibeln versteckt – vor fünfzehn Jahren ein wertvolles Gut im Iran – aus Angst, dass diese von den Sicherheitsleuten zerstört werden könnten. Aus diesem Grund konnte sie ihre Tochter nicht küssen. Am nächsten Tag gingen Sara und ihre Mutter auf die Polizeistation, um nach Lily zu fragen. Erst da erkannte der Sicherheitsdienst Sara und verhaftet sie ebenfalls.
„Ich denke, dass die Verfolgung nicht das Ende der Geschichte ist“, sagt Sara Akhavan. ‚Unsere Geschichte zeigt, dass die Kirche lebendig ist und wächst. Als Muslima hatte ich immer Angst vor Allah. Ich konnte nicht mit ihm kommunizieren und in Beziehung treten. Ich bin zu Christus gekommen, weil ich in ihm eine echte Hoffnung gefunden habe.‘ (cath.ch/lb)
Bedrohung von Konvertiten im Iran
Die folgenden Daten stammen aus dem Bericht Iran: Bedrohung von Konvertiten, der 2018 von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe veröffentlicht wurde. Die SFH stützte sich auf zahlreiche Quellen, wie das britische Innenministerium, das US-Außenministerium, den dänischen Einwanderungsdienst und Amnesty International, aber auch auf Elam Ministries, die christliche Gruppe, der Sara Akhavan angehört, und auf Mansour Borji von der britischen Organisation Article 18.
Offiziell besteht die christliche Bevölkerung des Landes (laut Volkszählung von 2011 umfasst sie fast 118.000 Menschen) hauptsächlich aus ethnischen Christen, Armeniern und Assyro-Chaldäern. Es gibt jedoch auch protestantische und evangelikale Gruppen, zu denen viele Konvertiten gehören, die ihren Glauben im Verborgenen praktizieren. Nach Schätzungen – die nicht bestätigt sind – von Elam Ministries sollen sich 500.000 bis 1,5 Millionen Iraner zum Christentum bekennen.
Die iranische Verfassung erkennt zwar ethnische Christen an, nicht aber Konvertiten. Die Konvertierung vom Islam zu einer anderen Religion ist im Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich verboten, aber die Scharia ist anwendbar und die Richter können sich auf Fatwas berufen. Die am stärksten von Vergeltungsmaßnahmen bedrohten Christen (Enteignung, Verlust des Arbeitsplatzes, Verhaftung, Bedrohung ihrer Familie) sind daher Evangelikale und Konvertiten.
Seit der „grünen Revolution“ im Jahr 2009 ist es üblich, dass um Weihnachten herum Christen verhaftet werden, die für nicht registrierte Hauskirchen verantwortlich sind: So wurden beispielsweise im Dezember 2018 142 Personen und im Dezember 2023 46 Personen verhaftet. Sie werden in der Regel nach einigen Stunden oder Tagen freigelassen, aber manchmal ist die Strafe schwer: Am 27. Mai 2024 wurde Yasin Mousavi, der zum Christentum konvertiert war und der „Förderung des zionistischen Christentums“ beschuldigt wurde, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
Es besteht in der Tat ein großes Misstrauen gegenüber Christen und Konvertiten, die bestenfalls als Instrumente des Westens angesehen werden, die die politischen und religiösen Strukturen des Iran untergraben sollen, schlimmstenfalls als Spione. LB
Lucienne Bittar, Cath.ch
Artikel auf Cath.ch lesen (fr)